Steigende Energiepreise – was nun?

Linda Madir, Leiterin Vertrieb bei der MONTANA Energieversorgung, im Interview zur Frage, wie Unternehmen und Hausverwaltungen jetzt noch eine drohende Kostenexplosion abfedern können – und was es bei einem Wechsel des Energieversorgers zu beachten gilt.

Redaktion: Frau Madir, wie schätzen Sie die derzeitige Lage auf den Energiemärkten mit Blick auf die steigenden Energiepreise ein?
Der Energiemarkt scheint auch 2022 nicht zur Ruhe zu kommen. Der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen gegen Russland haben zu einer weiteren Explosion der Strom- und Gaspreise geführt. Eine baldige Entspannung der Großhandelspreise für Gas und Strom ist vorerst wohl nicht in Sicht.

"Verbindliche Aussagen, wann sich die Preise auf einem stabilen und somit kalkulierbaren Preisniveau bewegen, sind rein spekulativ und fallen selbst gestandenen Energiemarktspezialisten schwer."

Wo in der Vergangenheit ein Wechsel des Energieversorgers schnell zu einer deutlichen Entlastung führte, stehen Hausverwaltungen aktuell vor komplexen Fragestellungen. Unabhängig davon, ob sie ihren Energieversorger wechseln wollen – oder müssen: Sicher ist nur, dass das Motto „Im günstigen Einkauf liegt der Gewinn“ der Vergangenheit angehört.

Welche Faktoren tragen Ihrer Meinung nach zusätzlich zu der hohen Preisbelastung bei?

Geopolitisch sorgten vor allem der „Corona-Nachholeffekt“ der Industrie gepaart mit einer ungewohnt hohen Nachfrage aus Asien weltweit für einen enormen Bedarf an Energie. In Deutschland führte der verschleppte Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der Ausstieg aus der Kohleverstromung und Kernkraft dazu, dass wieder vermehrt Gas für die Stromproduktion eingesetzt werden musste. Auch die Einführung der CO2-Steuer in 2021 ist bei aller Notwendigkeit der EU-Klimaziele für 2030 ein Faktor, der auch weiterhin zu einer Preisbelastung beitragen wird, wie das folgende Rechenbeispiel zeigt: Während für eine WEG mit 25 Wohnungseinheiten und einem geschätzten Energieverbrauch von 200.000 kWh durch die jährlich steigende CO2-Bepreisung im Erdgas die Kosten für CO2 2021 noch bei ca. 920 Euro netto lagen, werden sie sich 2022 auf 1.100 Euro netto erhöhen. Das heißt: Allein in einem Jahr ist mit Mehrkosten für CO2 in Höhe von 15 bis 20 Prozent zu rechnen.

Inwieweit nehmen Energieversorger Einfluss auf die Marktdynamik?

Vor allem Anbieter, die lange mit hohem Risiko am Markt agierten und in ihre Beschaffungsstrategie auf fallende Preise gesetzt hatten, sahen sich spätestens Ende 2021 mit Liefermengen konfrontiert, die sie nicht mehr decken konnten. Es folgte die Insolvenz oder der komplette Lieferstopp. Damit begann ein fataler Kreislauf. Tausende von Kunden fielen in die Grund- oder Ersatzversorgung. Viele Grundversorger waren auf diesen Neukunden-Ansturm nicht vorbereitet und mussten zusätzliche Energiemengen teuer am Markt zukaufen.

Wie reagiert MONTANA auf die derzeitigen Entwicklungen?

Auch für ein wirtschaftlich stabiles und erfolgreiches Unternehmen ist die Sicherstellung der eigenen Liquidität von oberster Priorität. Im 1. Quartal eines jeden Jahres hinterlegt MONTANA hohe Sicherheitsleistungen gegenüber Vorlieferanten. Entsprechend ist das Unternehmen selbst auf Zahlungen von Kunden angewiesen und kann ihnen nicht mit reduzierten Abschlagszahlungen entgegenkommen, zumal das eine hohe Nachzahlung am Jahresende für Kunden zur Folge hätte.

Dennoch steht MONTANA seinen Geschäftskunden auch in der Krise zur Seite: Das Unternehmen legt großen Wert darauf, die aktuellen Marktentwicklungen transparent darzustellen und seinen Kunden entsprechende Handlungsoptionen aufzuzeigen. Dabei ist jede Hausverwaltung unterschiedlich zu bewerten: Je nach Kunde kann beispielsweise die Fixierung von Preisen mit flexiblen Produktangeboten oder eine Kombination aus Fix- und Flex-Preisen passend sein.

"Doch von der Vorstellung, im Energieeinkauf ein Schnäppchen zu machen, müssen sich in Zukunft wohl alle Beteiligten verabschieden."

Worauf sollten Immobilienverwalter jetzt und künftig achten?

Geschäftskunden mit flexiblen, börsenindizierten Verträgen profitieren nicht mehr wie noch bis Mitte 2021 von fallenden Preisen; aber auch Fix-Verträge sorgen für große Unsicherheit. Denn wo der Marktpreis steht, wenn der Vertrag ausläuft, ist völlig unklar. Entsprechend geraten immer mehr Hausverwaltungen unter Druck. Steigende Energiekosten, Nachzahlungen und Abschlagszahlungen belasten die WEG-Konten, die nur noch über Umlaufbeschlüsse befüllt werden können. Durch den Ausfall von Eigentümerversammlungen sind viele Hausverwaltungen zudem gezwungen, sich am letztgültigen Wirtschaftsplan der Eigentümergemeinschaft zu orientieren.

Darauf sollte man achten, wenn man seinen Energieversorger wechselt:
1. Prüfen Sie, ob lange Laufzeiten wirklich etwas für Sie sind. Mit Fix-Verträgen haben Sie zwar Planungssicherheit, aber Sie können nicht flexibel auf den Markt reagieren.
2. Wählen Sie Ihren Anbieter sorgfältig aus. Prüfen Sie Bonität, Renommee und Bewertungen – auch und gerade in der Immobilienwirtschaft.
3. Denken Sie daran, das günstigste Angebot ist nicht unbedingt das billigste. Prüfen Sie: Agiert der Anbieter risikoaffin? Gibt es Service-Fallen? Verläuft der Wechselprozess reibungslos?

 

Presseveröffentlichung im BVI-Magazin Ausgabe 02 - 2022 | 14. Jahrgang  bvi-magazin.de
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