Betriebskostenanpassung bei steigenden Energiekosten
Experten-Tipp von Fachanwalt Stephan Volpp
Stephan Volpp gilt bundesweit als Experte für Fragen rund um die Immobilie. Seit über 20 Jahren ist er ausschließlich im privaten Immobilienrecht, mit Spezialisierung auf dem Gebiet des Wohnungseigentumsrechts, tätig. Seine Vorträge, Seminare und Fortbildungsveranstaltungen erfreuen sich bei Immobilienverwaltern wie auch bei Fachanwälten für Miet- und Wohnungseigentumsrecht einer großen Nachfrage. Als Mitglied der Expertenkommission „Denkwerkstatt WEG-Reform“ kennt er die Vorteile und Stolpersteine für Verwalter.
Stephan Volpp
Fachanwalt für Miet- und Wohneigentumsrecht
Mitglied der Expertenkommission „Denkwerkstatt WEG-Reform“
Anpassung der Betriebskosten – Rechtliche Möglichkeiten und Vorgehensweise
Verfügt die Gemeinschaft über ausreichende Mittel (ausgenommen ist ein Zugriff auf die Erhaltungsrücklage), dürfen höhere Vorauszahlungen an den Energielieferanten aus den laufenden Mitteln entrichtet werden.
Reichen die liquiden Mittel aber nicht aus, eröffnen sich zwei Möglichkeiten:
Gemäß § 28 Abs. 1 WEG beschließen die Eigentümer über Vorschüsse (Einzelwirtschaftssplan), aber auch über Sonderumlagen oder Sondervorschüsse. Es kann daher mehrheitlich beschlossen werden, zur Deckung der gestiegenen Vorauszahlungen eine Liquiditätssonderumlage oder eine Energiekostensonderumlage zu erheben, die die Höhe, die Fälligkeit und den Umlageschlüssel enthalten muss.
Alternativ ist denkbar, einen erneuten Beschluss über den Einzelwirtschaftsplan zu fassen, der erhöhte Zuführungsbeträge für Energiekosten zum Inhalt hat. In diesem Fall werden die Vorschüsse gemäß § 28 Abs.1 WEG im laufenden Wirtschaftssjahr angepasst. Zu beachten ist aber, dass Beitragsverpflichtungen der Eigentümer nicht etwa durch eine Anforderung des Verwalters entstehen, vielmehr bedarf es stets einer Beschlussfassung der Wohnungseigentümer.
Der Verwalter hat dabei die Wahl zwischen einer „außerordentlichen Wohnungseigentümerversammlung“ oder einer Entscheidung im Umlaufverfahren gemäß § 28 Abs. 1 WEG, die nach neuem Recht nur noch der Textform genügen muss. Es darf aber bezweifelt werden, ob ein solcher Umlaufbeschluss im Hinblick auf das Zustimmungserfordernis aller Eigentümer zustande kommen wird.
Preisexplosion, Unsicherheit und Nervosität an den Energiemärkten: Worauf WEGs sonst noch achten sollten
Da eine Prognose über die weitere Entwicklung der Energiepreise schwierig ist, kann zur Deckung der Liquidität der Gemeinschaft auch eine weitere Rücklage für Energiekosten gebildet werden. Die Beschlusskompetenz ergibt sich aus § 19 Abs. 1 WEG. Diese Rücklage kann bei einem Rückgang der Energiekosten durch einen weiteren Beschluss wieder aufgehoben werden. Für den Verwalter entsteht dabei aber abrechnungstechnisch und buchhalterisch ein Mehraufwand, der, eine entsprechende Klausel im Verwaltervertrag vorausgesetzt, gesondert vergütet werden muss. Darauf ist vor der Beschlussfassung natürlich hinzuweisen.
In der derzeit angespannten Lage ist es von großer Bedeutung, dass die Verwalter die Eigentümer rechtzeitig über die bevorstehenden Entwicklungen und deren Bedeutung für das Finanzwesen der Gemeinschaft informieren und aufklären.
Sie sollten – bevorzugt in Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsbeirat – die Marktentwicklung beobachten, um die Gemeinschaft in die Lage zu versetzen, Energie möglichst „günstig“ einzukaufen, und so die Belastung der Wohnungseigentümer erträglich zu machen.